Die Expedition:
Ein Kölner zwischen Deutschland und Frankreich
Zwar ist nach ihm in Köln eine Straße benannt und sein Grab wird von der Stadt Paris bis heute gepflegt – dennoch geriet er in Vergessenheit: Franz Christian Gau (1789-1853), aufgewachsen in einer Kölner Händler-familie in der Straße Obenmarspforten. Nach der Ägyptenexpedition Napoleons 1798-1801 ist das Land am Nil in Mode. Dorthin zieht es auch ihn.
Köln-Paris-Rom
Ermuntert von Wallraf studiert Gau seit 1810 in Paris Architektur. 1815 wird das französische Rheinland preußisch und er gerät zwischen die Fronten des Nationalismus. In Rom wird er aufgenommen unter den deutschen Romantikern und macht, unterstützt vom preußischen Gesandten und Altertumswissenschaftler Niebuhr, archäologische Entdeckungen in Rom und Pompeji.
Aufbruch in den Orient
Dann ergibt sich die Gelegenheit: Gau darf einen Adligen in den Orient begleiten. Über Pompeji und Sizilien gelangt das ungleiche Paar nach Alexandria. Ein freimütiger Kölner und ein preußischer Baron – das kann nicht gut gehen. Man trennt sich. Plötzlich ist Gau in Ägypten auf sich alleine gestellt. Das Abenteuer kann beginnen.
Eine Begegnung in Luxor
Über Kairo zieht Gau nach Luxor und trifft dort den ehemaligen französischen Konsul Drovetti. Er ermuntert Gau, jene Gegend zu erforschen, in die die Franzosen nicht gelangt sind: Nubien südlich des ersten Nilkatarakts.
Der Wettlauf um das unbekannte Nubien
Drovetti konkurriert mit dem britischen Konsul Salt um die Entdeckung des Landes und die Erlangung ägyptischer Schätze. Deren Verkauf an Museen in Paris, London, Turin oder Berlin ist lukrativ. Nubien ist noch unbekannt, zeitgleich mit Gau sind dort nur wenige andere Forscher, Schatzsucher und Abenteurer unterwegs.
Das große Vorbild:
Die „Description de l’Egypte“ Finanziert wird die Orient-Expedition von Gaus Kölner Familie. Um die Schulden zurückzuzahlen, will er sich einen Ruf erwerben und seine Entdeckungen veröffentlichen. Vorbild muss die „Description de l’Egypte“ sein, das Kupferstichwerk der Franzosen über die Ergebnisse der napoleonischen Expedition.
Mit vollem Wind den Nil hinauf
Mit wenigen Begleitern durchquert Gau den ersten Nilkatarakt bei Assuan und dringt ins Unbekannte vor. Schon auf der Hinfahrt entdeckt er die Tempel von Dabod, Taffa, Dendur, Amada und Derr. Am 12. Februar 1819 erreicht er sein Ziel, den zweiten Nilkatarakt im heutigen Sudan.
Das Geheimnis von Abu Simbel
Auf der Rückfahrt werden die Bauten Nubiens untersucht und vermessen. Heute sind die Tempel von Abu Simbel weltbekannt. Burckhardt entdeckte sie 1813, Belzoni betrat den noch vom Sand bedeckten großen Felsentempel von Ramses II. – doch Gau ist der erste, der das Innere des Tempels bei „Fackellicht, welches den Schatten nie ruhen lässt“ staunend erforscht und exakt abbildet.
Die Tempel Nubiens
Weiter geht es über Wadi es-Sebu’a, El-Maharraqa und Dakka. Gau berichtet von seinen Begegnungen mit Nubiern und gelangt über Gerf Hussein nach Kalabscha. Es folgen der Felsentempel von Bet el-Wali und der Kiosk bei Qertassi. Die Insel Philae markiert das Ende der Nubienreise. Vier Monate nach dem Reiseantritt ist Gau wieder in Luxor – mit Notizen, Bauaufnahmen und reich gefüllten Skizzenbüchern. Drovetti ist begeistert.
Unter den Fluten des Assuan-Stausees
Gaus Zeichnungen sind bis heute bedeutend. Wenige der von ihm gezeichneten Tempel und Bauten sind – wie Abu Simbel – mit Hilfe der UNESCO an anderer, höherer Stelle wieder aufgebaut, einige befinden sich in großen Museen. Der Rest aber versinkt 1970 für immer in den Fluten des Aussuan-Stausees.
„Pilgerschaft“ nach Jerusalem
Im Sommer 1819 begibt sich Gau auf „Pilgerschaft“ in das Heilige Land, nach Jaffa, Nazareth und Bethlehem. In Jerusalem entstehen Bilder der Via Dolorosa und der Grabeskirche. Von hier aus erfahren seine Kölner Freunde von der geglückten Expedition des verschollen Geglaubten.
Von Rom nach Köln
In Rom bedrängen ihn Neugierige, um seine Bilder aus den fernen Ländern zu bewundern. Im November 1820 melden Kölner Zeitungen Gaus Ankunft in seiner Heimatstadt. Doch in Köln kann Gau nicht bleiben. Er verachtet die Preußen. Avancen aus Berlin schlägt er aus – und zieht nach Paris.
Paris: Eine deutsch-französische Koproduktion
Hier arbeiten die besten Kupferstecher für Gaus Nubienwerk, heraus-gegeben im Stuttgarter Verlag Cotta in Deutsch und Französisch. 1827 vollendet, ist es mit Alexander von Humboldts Reisewerk und dem Domwerk von Sulpiz Boisserée – beide auch bei Cotta – eine der letzten großen europäischen Kupfersticheditionen. Bald löst die Lithografie diese Technik ab, dann die Fotografie.
Anerkennung in Frankreich und Europa
Gewürdigt werden Gaus Entdeckungen vom Institut de France als Fortsetzung der „Description de l’Egypte“. Dies ist die Krönung. 1825 wird Gau erneut französischer Staatsbürger – und Ritter der Ehrenlegion. Von Paris aus fördert er die Kölner Domvollendung, hier ist er tätig als Archäologe, Architekt und viel beachtete Stimme im deutsch-französischen Kulturtransfer.
Gau: Abu Simbel: Kolossalstatue des großen Tempels
Unser Bild vom Orient
In Wien fertigt der Maler Norbert Bittner in den 1830er Jahren Aquarelle nach Gaus Kupferstichen. Ohne selbst je in Ägypten gewesen zu sein, steigert er diese zu kunstvoll arrangierten und theatralischen Ansichten aus einem exotischen Land – und bedient damit die rege Nachfrage nach Bildern aus dem Orient.
Neue Medien im 19. Jahrhundert
Dann reisen die ersten Fotografen in den Orient. Maxime Du Camp, mit Gustave Flaubert 1850 in Ägypten, Nubien und Palästina unterwegs, nimmt mit großer Präzision die gleichen Motive auf wie zuvor Gau. Später aber reproduzieren Künstler und Fotografen vorwiegend Bilder, die dem Geschmack der Touristen entsprechen, die in wachsender Zahl Ägypten bereisen. So wird im Zeitalter des Imperialismus und Kolonialismus aus der Fotografi e ein weiteres Werkzeug der Aneignung der Länder des Nahen Ostens durch den Westen. Was Gau und andere Pioniere mit exakten Aufnahmen antiker Tempel begannen, erstarrt zum Klischee, das bis heute nachwirkt.
Norbert Bittner: Im Tempel von Gerf Hussein, Feder in Schwarz, Aquarell nach den Kupferstichen von Franz Christian Gau [Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste Wien]
Die Ausstellung
KÖLN / NIL
Die Ausstellung ist die auf Köln zugeschnittene Fortsetzung des
Projektes „Ägypten, Nubien und die Cyrenaika. Die imaginäre Reise des
Norbert Bittner“ des Kupferstichkabinetts der Akademie der bildenden
Künste Wien und der Winckelmann-Gesellschaft. Das Kölnische
Stadtmuseum präsentiert die Reise Gaus mit seinen Aquarellen und
Zeichnungen und den prächtigen, teils handkolorierten Kupferstichen
des Nubienwerks. Mit frühesten Fotografi en aus dem Orient zeigen sie
die Entwicklung unseres Bildes von einer faszinierenden Kultur.
Als Gau 1818-1820 in Ägypten war, war vieles noch rätselhaft und unerforscht.
Selten gezeigte Kunstwerke, Funde und Kultobjekte aus dem
Alten Ägypten illustrieren das Geheimnis der Hieroglyphen, den Bau
der Tempel, die Götterwelt, den Mumienkult und den Alltag in dieser
antiken Hochkultur.
BORDERLINES
Jasmina Metwaly: Videoinstallation, 2013
Ergänzend zur Geschichte der Entdeckung Ägyptens und zur Entwicklung
unseres Bildes vom Orient blicken wir auf die heutige Situation und
die aktuellen politischen Auseinandersetzungen in Ägypten. Die junge
ägyptische Künstlerin Jasmina Metwaly vom Medienkollektiv Mosireen
aus Kairo präsentiert für das Kölnische Stadtmuseum eine Videoinstallation.
Metwaly wurde 1982 in Warschau geboren und ist teils in der
polnischen Hauptstadt, teils in Kairo aufgewachsen, wo sie heute lebt.
Sie studierte an der Kunstakademie in Poznan (Polen) und an der Byam
Shaw School of Art in London.
rechts: Die kleinen Uschebti-Figuren waren beliebte Grabbeigaben, die dem Verstorbenen in der Totenwelt dienen sollten. Dieses Uschebti wurde in einem Mumiensarkophag in Miniaturversion beigesetzt (ca. 664-332 v. Chr.) [Köln, Rautenstrauch-Joest Museum, Sammlung Doetsch]
In Kooperation mit dem Institut für Afrikanistik und Ägyptologie der Universität zu Köln, Abteilung Ägyptologie
Mi, 20.03.2013, 19 Uhr
Als alles in den Fluten versank Der Bau des Assuan-Staudamms und die abenteuerliche Rettung der
nubischen Denkmäler Dr. Heinz Felber / Universität zu Köln. Eintritt: 5 Euro
Mi, 10.04.2013, 19 Uhr
Exotik und Erotik
Wie der Sultan nach Köln kam: Unser Bild vom Orient
Dr. Beate Dorfey / Landeshauptarchiv Koblenz.
Eintritt: 5 Euro
Fr, 19.04.2013, 19 Uhr
Orientalische Märchen von Lebenslust und Liebeslist Die Kölner Märchenfrau Marlis Arnold erzählt.
Eintritt: 5 Euro
Di, 23.04.2013, 19 Uhr
Kann man in Ägypten heute noch Tempel entdecken?
Neue Ausgrabungen im Ostdelta Dr. Ernst Czerny / Österreichische Akademie der Wissenschaften.
Eintritt: 5 Euro
Mi, 15.05.2013, 19 Uhr
Von Köln zum Nil
Die abenteuerliche Orient-Expedition des Franz Christian Gau Dr. Mario Kramp / Kölnisches Stadtmuseum. Eintritt: 5 Euro
Mi, 22.05.2013, 19 Uhr
Ein Kölner entdeckt Ägypten: Gerd Köster liest Aus den Reiseberichten von Franz Christian Gau.
Eintritt: 7 Euro
Fr, 26.04.2013, 18 Uhr, Hörsaalgebäude, HS E
Ägypten im Bild
Künstler und Gelehrte des 19. Jahrhunderts als Dokumentaristen in
Nubien. Dr. Ernst Czerny / Österreichische Akademie der Wissenschaften.
Eintritt frei
Mi, 08.05.2013, 18.30 Uhr, Hörsaalgebäude, HS E
Inschriften und Heiligtümer im Gebiet von Aswan
Prof. Dr. Stephan Seidlmayer / Direktor des Deutschen Archäologischen Instituts Kairo.
Eintritt frei
Auf Entdeckungsreise durch den Orient
Eine kostenlose, an der Museumskasse erhältliche Expeditionskarte
bietet kleinen und großen Entdeckern die Möglichkeit, Franz Christian Gau auf seinen Abenteuern zu begleiten und selbst das ein oder andere Geheimnis zu lüften.
Sa, 23.03.2013, 15 Uhr
Familienführung ab 8 Jahren,
Stefan Lewejohann
Mi, 27.03.2013, 11–14 Uhr
Ferienkurs für Kinder ab 8 Jahren: Im Land der Pharaonen
Karina Castellini M.A. / Museumsdienst
Führung und Basteln von Pharaonen-Masken, Gebühr: 10,50 Euro, Material: 4 Euro, Anmeldung über Museumsdienst 0221/221-24077
Do, 04.04.2013, 11 Uhr
Familienführung ab 8 Jahren,
Dr. Ulrich Bock / Museumsdienst
So, 21.04.2013, ab 14 Uhr
Schreiben wie die alten Ägypter: Offene Hieroglyphen-Werkstatt Studierende des Instituts für Afrikanistik und Ägyptologie
Museumsfest, So, 12.05.2013
11-13 Uhr / 14-16 Uhr
Werkstatt für Kinder: Im Land der Pharaonen
Karina Castellini M.A. / Museumsdienst
Führung und Basteln von Pharaonen-Masken für Kinder ab 8 Jahren, begrenzte Teilnehmerzahl – Voranmeldung je eine halbe Stunde vorher an der Museumskasse
15 Uhr Familienführung
Dr. Ulrich Bock / Museumsdienst
Wissenschaftlerführungen
Di, 12.03.2013, 18 Uhr,
Stefan Lewejohann
Di, 26.03.2013, 18 Uhr,
Rita Wagner M.A.
Di, 16.04.2013, 18 Uhr,
Das Museum und die Universität
Dr. Mario Kramp und Dr. Heinz Felber / Universität zu Köln
So, 12.05.2013, 17 Uhr (Museumsfest)
Direktorenführung,
Dr. Mario Kramp
Di, 07.05.2013, 18 Uhr,
Abendführung
Dr. Ulrich Bock / Museumsdienst
Do, 16.05.2013, 15 Uhr,
Seniorentreff
Dr. Ulrich Bock / Museumsdienst
Kölnisches Stadtmuseum
Zeughaustraße 1-3
50667 Köln
Telefon 0221/221 257 89
Telefon Kasse 0221/221 223 98
ksm@museenkoeln.de
facebook.com/koelnischesstadtmuseum
Öffnungszeiten
di 10-20 Uhr
mi – so 10-17 Uhr
mo geschlossen.
Eintrittspreise
Erwachsene 3,50 Euro
Kinder ab 6 Jahren, Jugendliche,
Studierende usw. 1,50 Euro
Kombiticket (mit ständiger Ausstellung)
6,50 Euro /3,50 Euro
Anreise
U-Bahn: Haltestelle Appellhofplatz/Zeughaus
Deutsche Bahn: Köln Hbf./Dom, Von dort 5 Min. Fußweg. Parkhäuser: Börsenplatz, DuMont-Carrée, Dom
Führungen
Gruppen-Führungen durch den
Museumsdienst Köln:
Tel.: 0221/221 27380
service.museumsdienst@stadtkoeln.de
Der Begleitband
Zur Ausstellung wird im Museum und Buchhandel ein reich illustrierter Begleitband angeboten:
Mario Kramp: KÖLN / NIL. Die abenteuerliche Orient-Expedition des Kölners Franz Christian Gau 1818-1820, Köln (Wienand Verlag)
Wir danken den Sponsoren
für ihre Unterstützung: