Der 19jährige Schweizer Josef J. zeigt am 20. September 1934 den Ortsgruppenleiter Köln-Süd Hubert B. wegen Freiheitsberaubung und Misshandlung an. Er war am selben Abend bei einer Razzia gegen Jugendliche festgenommen worden. J. schildert der Polizei den Vorgang:
"Am 20.9.1934, gegen 21 Uhr stand ich mit mehreren jungen Leuten, Burschen und Mädchen (...) vor der Universität in der Claudiusstr. Plötzlich erschienen einige Personen in P.O.Uniformen und erklärten, daß diese Stelle abgesperrt sei und wir uns entfernen müßten. Ich ging mit noch 4 jungen Leuten fort in Richtung Maternusstraße. An der Ecke Maternusstr.-Trajanstr. standen wieder 4-5 Personen in P.O.Uniformen, welche uns zwangen, mit nach dem Büro der Ortsgruppe Süd, Trajanstr. 1 zu gehen. Hier befanden sich ungefähr 30-40 Mädels und Jungens im Alter von 14-17 Jahren (...). Als ich in das Büro hineinging, wurde ich ohne jede Veranlassung von dem Ortsgruppenleiter B. in den Hintern getreten. (...) Ich habe laut und deutlich gesagt: "Ich bin schweizerischer Staatsangehöriger". Darauf hat B. mich an der Brust gepackt und gegen die anderen P.O.Personen geworfen. Von diesen wurde ich nun in das Gesicht geschlagen und gegen die Beine und den Unterleib getreten. (...) Ich wurde nun durchsucht und mußte meine Personalien angeben. Darauf wurde ich entlassen mit den Worten: "Nun hast du wohl genug." Ich stelle hiermit Strafantrag wegen Freiheitsberaubung und Mißhandlung." J. wurde darüber hinaus gezwungen, den Hitlergruss zu zeigen.
Weil Josef J. Schweizer ist, reagiert die Polizei auf seine Anzeige und sucht mit ihm das Ortsgruppenbüro auf, um B. zu identifizieren. Wenige Tage später wird Hubert B. vorgeladen. B., ein städtischer Beamter, ist seit Juli 1934 Leiter der Ortsgruppe Köln-Süd der NSDAP. Der Partei gehört er seit 1929 an. Er sagt aus:
"Zum Bereich der von mir betreuten Ortsgruppe gehört auch der "Römerpark". Im Laufe des Sommers habe ich des öfteren beobachtet, dass Angehörige des B.D.M. und der Hitler-Jugend sich in den Abendstunden auf den Bänken und in den Gebüschen des Römerparks (...) herumdrücken und da Unsittlichkeiten treiben. (...) Deshalb unternahm ich am 20.9.34 ab 21 Uhr eine umfassende Razzia im Römerpark und dessen Umgebung. (...) Bei unserer Aktion wurden etwa 25-30 Kinder im Römerpark und dessen nächster Umgebung angetroffen, alles Kinder von 14-16 Jahren. (...) Unter diesen Kindern befand sich auch der Anzeigende Josef J.. Ich habe J. nicht in den Hintern getreten, J. sträubte sich etwas, in das Büro hineinzugehen, da habe ich etwas mit dem Knie nachgeholfen. Von einem Fusstritt gegen den Hintern des J. kann natürlich keine Rede sein. Dem J. ist zwar gestattet worden zu rauchen, als seine Personalien aber festgestellt wurden, wurde von ihm das Ablegen der Zigarette verlangt; da J. das nicht gleich tat, hat man ihm eine Ohrfeige versetzt. Wer das getan hat, weiss ich nicht mehr genau. Gegen die Beine und den Unterleib ist J. aber nicht getreten worden."
Um sich Unannehmlichkeiten zu ersparen, entschuldigt sich B.:
"Dass J. Schweizer Staatsangehöriger ist, habe ich erst nach seinem Wiedererscheinen auf dem Parteibüro erfahren (...). Ich habe bereits im Schweizerischen Konsulat vorgesprochen und mich bei dem Herrn Konsul entschuldigt. (...) Ich bitte hiermit den J. und dessen Vater in aller Form um Entschuldigung mit dem Ziel, dass J. seinen Strafantrag zurückzieht (...)."
J. nimmt die Entschuldigung an und zieht den Strafantrag zurück. Auch der Konsul erkennt die Entschuldigung an.
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