Chronik 
Hitlerjungen bewerfen Jugendlichen mit Steinen

Christkönigsfeier in St. Engelbert im Jahr 1937: Die Christkönigsfeiern waren in den 1930er Jahren stets machtvolle Demonstrationen, an denen neben der Sturmschar auch alle andere Organisationen der katholischen Jugendbewegung Kölns teilnahmen.

Am Abend des 6. Juni 1935 hält der 17-jährige Jungenschaftsführer Wilhelm W., der mit 40 bis 50 Hitlerjungen unterwegs ist, auf dem Fröbelplatz den 17-jährigen Ernst Sp. auf dem Fahrrad an. Der HJ-Führer verlangt, dass Ernst Sp. sein buntes Halstuch abnehme, da es angeblich Kennzeichen einer Organisation sei. Als der Junge sein Halstuch abnimmt, umringen ihn die Hitlerjungen und bewerfen ihn mit Steinen. Verletzt wird er jedoch nicht. Sp. wird sein Tuch, eine Anstecknadel mit einem Totenkopf und ein Koppelschloss, ebenfalls mit einem Totenkopf, abgenommen. Alle Beteiligten werden nach dem Vorfall auf die Wache gebracht.

Der Beschuldigte ist jedoch Ernst Sp., der das Halstuch getragen hatte. Die Hitlerjungen, die ihn angegriffen hatten, werden nicht zur Rechenschaft gezogen. Wilhelm W. behauptet, Sp. habe nach mehrmaliger Aufforderung das Tuch nicht abgenommen. Er sei auf Schulungen immer darauf hingewiesen worden, dass das Tragen solcher Tücher verboten sei. W. wertet auch die Totenkopfabzeichen als verbotene Symbole.

Ernst Sp. streitet ab, dass er das Halstuch und die Totenköpfe aus bestimmten Grund getragen habe. Er stellt keine Strafanzeige gegen die Hitlerjungen. Da er sich freiwillig mit der außergerichtlichen Einziehung des Koppelschlosses und der Totenkopfnadel einverstanden erklärt, wird gegen ihn keine Anzeige erstattet.

Beim Fall Ernst Sp. zeigt sich, dass selbst wegen geringfügiger Abweichung von der Norm gegen Jugendliche vorgegangen wird. Selbst in einem Fall, in dem Hitlerjungen von sich aus einen Jungen angegriffen haben, ist für die Polizei klar, wer der eigentliche Übeltäter ist.



 
Lexikon
Hitlerjugend (HJ)