Nach dem Preußischen Kulturkampf und dem Erstarken der proletarischen und bürgerlichen Jugendbewegung rang die katholische Kirche um die Rückgewinnung ihres Einflusses auf die Jugend. In diesem Zusammenhang kam es im Juli 1919 auf Initiative des Jesuitenpaters Esch durch den Kölner Kardinal von Hartmann zur Gründung des "Bund Neudeutschland" zur außerschulischen kirchlichen Betreuung von Gymnasiasten. Der Name sollte auf die beabsichtigte Mitarbeit bei der Erneuerung Deutschlands nach der Kriegsniederlage hinweisen.
Die Organisation war "von oben" gegründet worden und sah vor, dass die Religionslehrer der höheren Schulen ihrerseits Ortgruppen gründen und leiten sollten. Allerdings entfaltete das Verbandsleben unter dem Einfluss der Jugendbewegung eine Eigendynamik. Nach langen Diskussionen wurde Anfang der 1920er Jahre die Rolle der Religionslehrer/Geistlichen insofern verändert, als sie künftig weniger Führer denn Partner und Berater der Schüler sein sollten. Auch das Gruppenleben wurde von den Ideen und Ausdrucksformen der Jugendbewegung geprägt: Neben Gemeinschaftsgottesdiensten standen beispielsweise Fahrten, Treffen auf Burgen, Lagerfeuerromantik und das gemeinsame Singen von Liedern. Im Unterschied zur freien Jugendbewegung wurde aber Christus als Führer und Haupt der Kirche in den Vordergrund gestellt. Der Kompromiss zwischen Christentum und Selbstbestimmung schlug sich im Leitsatz Neudeutschlands: "Lebensgestaltung in Christus in uns und in unserer Umwelt" nieder.
Nach der NS-Machtübernahme wurde der Bund zwar durch das Reichskonkordat geschützt, stand jedoch zunehmend dem Anspruch der Hitlerjugend, neben Schule und Familie die einzige Erziehungsstätte der Jugend zu sein, im Weg. Im Juli 1939 wurde Neudeutschland endgültig verboten. Einige Mitglieder des Bundes waren fortan im Widerstand aktiv, beispielsweise Willi Graf in der "Weißen Rose" oder Alfred Delp im "Kreisauer Kreis", die beide hingerichtet wurden.
Nach 1945 wurde der Bund Neudeutschland wieder ins Leben gerufen.
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