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Ferdinand S.

S. besuchte als einziger Sohn der Familie zunächst die Volksschule. Danach machte er eine Schlosserausbildung bei der Fa. Zerres in Köln-Sülz. Der Vater war 1944 am Westwall, die Mutter bei der Reichsbahn beschäftigt. S. lebte bei seiner Großmutter in der Daunerstr. 20.

Er war 4 Jahre im Jungvolk und 1 Jahr in der HJ (davon 6 Monate Marine-HJ), wegen Verpflichtung zum Werkluftschutzdienst übte er ab 1943 keine HJ-Tätigkeit mehr aus.

Bei den Ermittlungen gegen die Steinbrück-Gruppe geriet der jugendliche Schlosserlehrling Ferdinand S. in das Visier der Gestapo. Er wurde gemeinsam mit J. und S. am 10. Oktober 1944 in der Gartenlaube am Blücherpark festgenommen.

Die Gestapo war ihm auf die Spur gekommen, weil Barthel Sch., den S. über einen Jungen aus der HJ kannte, ihn bei der Gestapo als "Führer der Sülzer Edelweißpiraten" bezeichnet hatte. Er sei gemeinsam mit anderen Jugendlichen vom Manderscheider Platz an der Beschaffung eines Sprengstoffgeräts beteiligt gewesen. Unter S. Leitung hätte außerdem eine "Gruppe junger Burschen, darunter auch Edelweißpiraten", ein Waffenlager im Lidosee angelegt. Diese letzte Behauptung war von der Gestapo erpresst worden und besaß keinen realen Hintergrund.

Im Ermittlungsbericht K. heißt es zu S.: "Zusammen mit dem Mitbeschuldigten J. gründete er einen im Sinne der Edelweißpiraten aufgezogenen Fahrtenverein. Obwohl ihm - insbesondere durch eine staatspolizeiliche Festnahme zu Ostern 1943 - bekannt war, daß die Bildung derartiger Vereine verboten ist. Im Juli 1944 machte S. die Bekanntschaft des Sch. und durch diesen lernte er auch Rh. kennen. Von Rh. wurde er sofort um die Beschaffung von Waffen gebeten. Darauf beschaffte er einen Sprengapparat, den er gemeinsam mit Rh. zu dem ihm bisher nicht bekannten Steinbrück brachte. Beim Verlassen der Unterkunft Schönsteinstraße übergab Rh. ihm eine Pistole, die er mit nach Hause nahm. Nach 2 Tagen wurde er durch Rh. zu Steinbrück bestellt. Jetzt nahm er den Mitbeschuldigten J. mit dorthin. Nach Aufforderung des Steinbrück gab er die von Rh. erhaltene Pistole zurück. Während dieser Zeit wurden von 7 Jugendlichen etwa 14 Karabiner in die Unterkunft Schönsteinstraße gebracht, und in seiner Gegenwart im Keller des Hauses von Steinbrück untergestellt. Während J. jetzt die Unterkunft verließ, kam S. der Aufforderung des Steinbrück nach und fuhr mit diesem und L. auf einem Motorrad zum Grüngürtel. Steinbrück stellte das Motorrad dort ab und stahl einen dort parkenden PKW, mit dem die 3 Personen zur Schönsteinstraße zurückfuhren. Vor dem Hause Schönsteinstraße 7 stand jetzt ein weiterer PKW, der mit dem am Grüngürtel gestohlenen Wagen an eine andere Stelle des Grüngürtels gefahren und dort im Gebüsch versteckt abgestellt wurde. Mit dem anderen PKW fuhr man wieder zur Unterkunft Schönsteinstraße zurück. S. verließ jetzt die Unterkunft und blieb ihr 3 Wochen lang fern. Nach 3 Wochen - inzwischen war die Unterkunft polizeilich ausgehoben worden - ging S. zusammen mit J. wieder zur Schönsteinstraße. J. blieb auf der Straße und er betrat das Haus. Als er von den dort diensttuenden Polizeibeamten nach seinem Begehren gefragt wurde, erklärte er, sich hier ein paar Schuhe abholen zu wollen, weil er am nächsten Tag zum Einsatz am Westwall müsse. S. kam dann zum Einsatz am Westwall nach Düren, wurde dort flüchtig und kehrte nach Köln zurück. Nach anfänglichem Leugnen gibt er ferner zu, an einer Besprechung in der Wohnung der flüchtigen S. teilgenommen zu haben, bei der der Plan besprochen wurde, auf der Insel im sogenannten Lidosee des Kölner Stadtwaldes ein Lager zu errichten. Die Zeichnung zur Errichtung des Lagers macht er nach den Vorschlägen der S.."

Abschließend beurteilte ihn Gestapokommissar K. wie folgt: "Wenn auch der Nachweis einer aktiven Mittäterschaft des S. innerhalb der Ehrenfelder Terrorbande bisher nicht erbracht ist, so hätte es nach seinem gezeigten Gesamtverhalten nur noch eines geringen Anstosses bedurft, um ihn zum aktiven Mitglied der Bande werden zu lassen."

Tatsächlich zogen sich Ferdinand S. und J. jedoch bewusst von der Gruppe zurück. Es ist durchaus glaubwürdig, dass sie ihnen zu gefährlich schien, wie es S. vor der Gestapo zu Protokoll gab, wenn man ihr martialisches Auftreten bedenkt: "Kurze Zeit danach erschienen etwa 7 junge Männer, die ca. 14 Karabiner bei sich führten. Unter diesen Männern, die ich nicht kannte, befand sich Bartel Sch.. Derselbe hatte eine MP mit reichlich Munition bei sich. Steinbrück forderte, auch mich und J., mit in den Keller zu gehen. Dortselbst stellte er die Waffen sicher. Ausserdem teilte er eine Wache ein, die das Waffenlager schützen sollten. J. und ich hatten hiermit nichts zu tun. Die von mir festgestellte Angelegenheit war mir schleierhaft. Ich fragte darum Rh., der im Besitze einer Pistole war, was los sei und ob er die Waffe gebrauchen würde. Ausserdem bemerkte ich dem Rh. gegenüber, ob er Terrorist oder Kommunist wäre. Dieses bestätigte mir Rh. und erklärte er mir in Verbindung hiermit weiter, dass er von der Waffe gegebenenfalls Gebrauch machen würde. Nach diesem mit Rh. geführten Gespräch verliess mich J., weil er angeblich mit der Sache nichts zu tun haben wollte. [...] Ich habe mich um Steinbrück und die Genossen weiter nicht mehr gekümmert. Die Sache war mir auch zu gefährlich und wollte ich mit der Polizei nicht in Berührung kommen."



 
Gruppen
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