Mathias Weinfurter arbeitet bevorzugt mit gewöhnlichen Materialien, die uns aus alltäglichen Situationen vertraut sind und die bewusst nicht die gängigen Vorstellungen von Wertigkeit in der Kunst bedienen. Unter allen möglichen Baumarktartikeln favorisiert er Zäune in der am jeweiligen Ort gängigsten Ausführung. Nicht nur der industriell gefertigte Gestaltungsrahmen eines Rasters kommt dem Künstler konzeptionell entgegen, sondern auch inhaltlich faszinieren ihn Funktion und Bedeutung von Zäunen. Sie grenzen ab und aus, definieren Machtbereiche und sind so in unseren Alltag integriert, dass sie kaum mehr hinterfragt werden. Und doch machen Grenzfragen einen großen Teil nachbarschaftlicher Konflikte aus, im Privaten wie in der Politik, mit entsprechenden Auswirkungen auf humanitäre Fragen. Damit verbunden ist ein reicher Fundus an Themen, die künstlerisch immer wieder anregen.
Für seine Ausstellung in der artothek hat sich Mathias Weinfurter insbesondere mit Zäunen aus Doppelstabmatten beschäftigt, die zwar optisch transparent und möglichst unscheinbar in Erscheinung treten, aber durch ein enges Stabraster ein Überwinden erstaunlich effektiv verhindern.
Mit kleinen anarchistischen Eingriffen - einzelne Stäbe werden auf Tritthöhe herausgenommen oder eine mobile Tritthilfe eingehängt - kann der Zaun dennoch überwunden werden. Eine weitere mögliche Auflösung des Zauns ist Mathias Weinfurter bei Google Street View aufgefallen. Hier entstehen bei der digitalen Montage unzähliger Fotos Darstellungslücken, so genannte Glitches, bei denen die gleichmäßigen Raster an den Schnittstellen versetzt aufeinandertreffen. Die Lücken wirken wie Wahrnehmungsfehler, irritieren das Auge als Brüche im endlosen Raster und generieren Aufmerksamkeit durch Fehlstellen.
Durch Spiegel lassen sich diese Fehlstellen heilen - ein Verfahren, das sogar in der Medizin zu therapeutischen Zwecken eingesetzt wird. Auch Mathias Weinfurter gibt seinem Publikum die Möglichkeit durch Spiegelungen den Zustand der Unversehrtheit wiederherzustellen, damit es weiterhin beruhigt auf den Bestand unserer Schutzsysteme vertrauen kann.