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Auftakt zur "Navajo-Jagd"

Kölner "Navajos" um 1937

Eine Schlägerei zwischen Jugendlichen auf dem Rummelplatz in Kalk am 7. September 1937 gibt dem offensichtlich schon lange Zeit in diesem Zusammenhang ermittelnden Gestapobeamten Sch. die Gelegenheit, seine Verfolgungsabsichten gegen die Kölner "Navajos" endlich in die Tat umzusetzen. Er berichtet am 15. September 1937:

"Seit etwa 2 Jahren treffen sich an verschiedenen bestimmten Plätzen der Stadt Jungendliche im Alter von 15 - 20 Jahren, die durch ihre einheitliche Kleidung die Aufmerksamkeit ebenso auf sich ziehen, wie durch ihr schamloses und herausforderndes Benehmen. Es handelt sich bei diesen Burschen, die sich meist auch in Begleitung einiger Mädels befinden, um die sog. Navajos. Immer wieder geben diese einzelnen Gruppen Anlass zum Eingreifen der Schutzpolizei wie auch der HJ - Streifen, da sich die Anpöbeleien meistens gegen vorbeikommende Mitglieder der HJ richten. Gerade in letzter Zeit mehren sich die Klagen und Vorführungen, die jedoch zur Einleitung von Strafverfahren bisher nicht ausreichend waren. Jedoch hat sich durch die stets eingehend durchgeführten Vernehmungen ergeben, dass diese Navajos allmählich in eine politische Richtung treiben, die nicht nur der Beachtung sondern auch der Bekämpfung bedarf. Wenn auch bis heute noch nicht von einer festen Organisation mit bestimmten Führern die Rede sein kann, so befinden sich unter den Burschen doch solche Elemente, die planmässig eine Zusammenfassung dieser einzeln Cliquen zu betreiben scheinen und ihnen einen im gewissen Grade schon vorhandenen HJ-und damit staatsfeindlichen Geist einzuimpfen versuchen. Auch kommunistische Tendenzen machen sich bemerkbar.

Da die einzelnen bei der Stapostelle gemeldeten Vorgänge der letzten Zeit meist eine Personenzahl von 20 - 25 umfassen, zudem die einzelnen Vorgänge wie auch die Beteiligten alle zueinander in gewisser Beziehung stehen, ist es erforderlich, die einzelnen Vorgänge zusammenzufassen und insgesamt zu bearbeiten. Bisher liessen sich zwei Personen ermitteln, gegen die die Einleitung eines gesonderten Verfahrens erforderlich ist. Immer wieder wurde bei den Vernehmungen einzelner Navajos zunächst der Spitzname ‚Kanotz' genannt. Es musste hiernach angenommen werden, dass dieser im Kreise der Navajos bereits heute eine gewisse Führerstellung innehat und den Versuch unternimmt, einen verbotenen organisatorischen Zusammenhalt staatsfeindlich eingestellter Jugendlicher herbeizuführen. Bei dem Versuch der Feststellung seiner Personalien bei der Überwachung eines Treffs am Lindentor ergriff der als ‚Kanotz' Bezeichnete auf einem Fahrrade die Flucht. Er konnte dann später als ein Jakob Sch. festgestellt und vorgeführt werden. Hierbei stellte sich heraus, dass Sch. bereits zum fünften male unter gleichen Umständen der Stapo vorgeführt und vernommen worden war.

Bereits im Jahre 1933 wurde Sch. beschuldigt ‚Heil Moskau' und ‚Rot Front' gerufen zu haben. Seit Ende 1934 erfolgten dann im Anschluss an Rempeleien mit der HJ bzw. im Anschluss an Vorführungen durch HJ - Streifen vier getrennte Vernehmungen, die jedoch kein ausreichendes Material zur Einleitung eines Verfahrens brachten, da seine Einlassungen, dass es sich um harmlose Zusammenkünfte und Scherze Jungendlicher handele, nicht widerlegt werden konnten. Lediglich in einem Falle schwebte bei der Staatsanwaltschaft Köln ein Ermittlungsverfahren gegen eine Reihe Navajos unter denen sich auch Sch. befand unter dem Aktenzeichen 1a Js 957 bis 1a Js 966/36, das eingestellt wurde. Am 7.9.37 kam es auf dem Rummelplatz in Kalk zu einer Schlägerei Jugendlicher, bei der der unbeteiligte Josef B., dessen Vernehmung ebenso angefügt ist, wie die der in einem anderen Vorgang vernommenen Margarete L., festgenommen wurde. In Bezug auf die oben erwähnte Schlägerei werden die Ermittlungen im Rahmen der Gesamtermittlungen gegen die Navajos fortgesetzt. Die angefügten Vernehmungen bestätigten in vollem Umfange die Annahme, dass es sich bei Sch. alias Kanotz um einen geistigen Führer einzelner Cliquen handelt, dessen Absonderung und Strafverfügung erforderlich ist, unabhängig von dem Ausgang der weiteren Ermittlungen gegen die Navajos. Durch die Aussage der Zeugin L. ergab sich weiter, dass ein August L. sich im gleichen Kreise im kommunistischen Sinne betätigt hat. Auch L. wurde festgenommen."

Aufgrund seiner neuen Erkenntnisse veranlasst der Gestapobeamte die Festnahme von Sch. (am 13. September) und L. (am 14. September).

Bei seiner Vernehmung vom 14. September liefert Jakob Sch. wichtige Grundinformationen zu den Kommunikationsstrukturen der Kölner Navajos: "Befragt, ob zwischen den einzelnen Gruppen ein Zusammenhalt besteht, erkläre ich, dass man einzelne Spitznamen und Gesichter wohl kennt, dass man sich auch auf Fahrt begrüsst und gemeinsame Fahrziele hat, dass jedoch ein fester Nachrichtendienst zwischen den Gruppen besteht, ist mir nicht bekannt."



 
Personen
Jakob S.

Lexikon
Gestapo
HJ-Streifendienst (SRD)
Navajo