museenkoeln – Das Magazin Nr 1 2019

53 Drama mit Wirkung Jedes Archiv der Tanzkunst bewahrt mehr als Dokumente – auch die Liebe zum Tanz. Als am 11. Februar 2008 ein Feuer den Dachstuhl im Hauptgebäude der Folkwang Universität in Essen zer störte, blieb das Archiv der Tanzabtei lung wie durch ein Wunder fast unver sehrt. Über Nacht wurde das Deutsche Tanzarchiv Köln zum »Asylarchiv«, das die geretteten Bestände aufnahm und betreute. Das inspirierte die Kölner Fotografin Susanne Fern und den stellvertreten den Archivleiter Thomas Thorausch zu einem Foto- und Ausstellungsprojekt: Während der Arbeiten am Bestand porträtierte Fern das Folkwang Tanz archiv mit der Kamera. So entstand ein fotografischer Essay als eine Art Liebeserklärung, bei der weniger der Inhalt als vielmehr die ästhetische An mutung eines Archivs im Vordergrund steht. Die Erfahrung, wie verletzlich kulturelle Güter sein können, wirkt im Deutschen Tanzarchiv Köln nach – es zählt zu den Gründungspartnern des Notfallverbundes der Kölner Archive und Bibliotheken. Motiv aus der Fotoserie »Tanzarchiv. Blicke«, Susanne Fern, 2008 Die Akte Josephine Baker: Als das FBI ermittelte Im Sammlungsbestand 225 finden sich Dokumente zu Leben undWerk der Tänzerin und Sängerin Josephine Baker. Sie zählt zu den populärsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts und war der erste schwarze inter national erfolgreiche Superstar, die Königin des Charleston und der Goldenen Zwanzigerjahre. Ihr legen däres Bananen-Kostüm schrieb Tanz geschichte, ihr Chanson »J’ai deux amours« wurde zum Evergreen. In den 1950er-Jahren geriet sie ins Visier des FBI, das sie »kommu nistischer Umtriebe« verdächtigte. Ihre Akte umfasste 359 Seiten. Die US-amerikanische Bundespolizei sammelte in der Folge bis weit in die 1960er-Jahre Informationen jed weder Art über Baker, die aktiv die schwarze Bürgerrechtsbewegung unterstützte und unter anderem durchsetzte, dass bei ihren Shows sowohl weißes als auch farbiges Publikum willkommen war. - - - - - - - - - - - - Blick in die Sammlung Josephine Baker im Deut schen Tanzarchiv Köln, Foto: Thomas Thorausch NEU Aufbruch! Unbekanntes Terrain. Und immer wieder der Zauber, der jedem dieser Anfänge innewohnt. Kein Begriff ist Tanzkünstler*innen vertrauter als der des Aufbruchs. Die Bühne, der Körper, die Kunst – ein lebenslanges Wagnis voller Wendun gen und Überraschungen. Das Deutsche Tanz archiv Köln geht ab März 2019 mit einer neuen Filmreihe diesem Phänomen und seiner Faszina tion nach und präsentiert allmonatlich Tanzfilme zum Thema. Zu sehen sind Klassiker ebenso wie experimentelle Werke junger Regisseure – jeweils begleitet von einer fachkundigen Einführung (Tanzkino im Tanzmuseum, ab März 2019 – jeden 1. Sonntag im Monat um 16 Uhr). - - - Von Kritikern, Päpsten &Liebenden Beliebt? Verschmäht? Geachtet? Die Tanzkri tik ist bei Künstler*innen wie Zuschauer*innen umstritten. Ebenso wie die Kritiker selbst, deren Beschreibung, Betrachtung und Bewertung seitenweise die Feuilletons füllen. Jenseits der Tagesaktualität schreiben Kritiker*innen aber auch Tanzhistorie, erzählen Episoden aus der Geschichte und Gegenwart der Tanzkunst und geben ihrer Liebe zum Tanz bisweilen sogar literarischen Glanz. - In einem inszenierten Rundgang erweist das Tanzmuseum der Tanzkritik und ihren Protago nisten in seiner Jahresausstellung 2019 ab dem 23. März seine Referenz. -

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