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Foto: © John Gerard

 

Freitag, den 11. April 2025, um 19 Uhr

der gipfel
Ein Corona-Gedenkbuch von John Gerard

Vortrag im Rahmen der Ausstellung - Handgeschöpft: Die Poesie des Papiers.

Ausstellungseröffnung am Freitag, den 21. März 2025, um 19 Uhr
Ausstellung vom 22. März bis 04. Mai 2025
Vortrag im Rahmen der Ausstellung am Freitag, den 11. April 2025, um 19 Uhr
Führung durch die Ausstellung am Samstag, den 26. April 2025, um 11 Uhr

Kunst- und Museumsbibliothek der Stadt Köln (Heinrich-Böll-Platz/Bischofsgartenstr. 1, 50667 Köln, Eingang Filmforum)
Öffnungszeiten: Di-Do 10-21.00 Uhr, Fr-So 10-18.00 Uhr, Mo 14-21.00 Uhr

Als Würdigung aller Opfer der Covid-19-Pandemie, darunter auch meine langjährige Kölner Galeristin Elisabeth Broel (1957-2020), die in der Buchkunstszene als Organisatorin der Kölner Künstlerbuchmesse „EDITIONALE“ wohlbekannt und hochgeschätzt war, habe ich ein Gedenkbuch künstlerisch umgesetzt. Hierfür habe ich Papiere aus getragener Kleidung der Toten von Hand geschöpft. Stellvertretend für alle Corona-Verstorbenen soll dieses Objekt Angehörigen die Gelegenheit geben, sich von geliebten Menschen zu verabschieden und ihrer Seelen zu gedenken.

Einerseits wird sowohl der Gedanke der Transzendenz durch die Transformation der Textilien zu Papier betont, als auch die Fragilität des Lebens, indem eine besondere klebstofffreie Bindung die einzelnen Seiten des Buches miteinander verbindet.

Nach Rücksprache mit Gernot Cepl, Elisabeth Broels Ehemann, habe ich von ihm einige ihrer Kleidungsstücke erhalten. Dass frisch gewaschene, aber getragene Textilien auch nach ihrem Tod von ihrem individuellen Geruch gesättigt waren, nahm ich auch beim Zerschneiden der Kleidung wahr, die ich nach Kriterien auswählte, wie gut sie sich zur Papierherstellung eignen. So schöpfte ich Bogen aus bunt zusammengewürfelten Mischungen. Diese Bogen verstehe ich als Träger von Seelenteilen der Verstorbenen, als „Seelenpapiere“. 

Begleitet von ebenfalls handgeschöpften, aber neutralen weißen Papieren „ohne Vorgeschichte“, die man im Kontext dieses Werkes auch als „Leichentücher“ verstehen kann und auf die Albert Ostermaiers zutiefst berührendes Gedicht „der gipfel“ gedruckt ist, bilden diese die Seiten des Gedenkbuches.

Um diese Einzelblätter miteinander zu verbinden, entwickelte ich eine Heftung von Elizabeth Steiner mit zwei ineinander gesteckten Ketten weiter, die an zwei DNA-Kettenstränge im Genom einer menschlichen Zelle denken lassen. Intuitiv assoziiert man die zusammengefügten Ketten aus handgeschöpften Bluejeans-Papieren mit einem abstrahierten Coronavirus, die mintgrünen „Spike-Proteine“ aus Hadernpapier erinnern an OP-Textilien und die Atmosphäre im Krankenhaus.

Bei der Auswahl der verwendeten Stoffe aus dem menschlichen Alltag wird erkennbar, dass Menschen in diesem Gedenkbuch eine zentrale Rolle spielen. Textilien werden von Menschen gefertigt, getragen, jeden Tag, seit der Geburt, bis zum Lebensende. Kleidung bietet Schutz und Wärme, stiftet Identität und hat viele andere Funktionen.

In meinem Verständnis ist Elisabeth Broels Seele durch ihre Kleidung immer noch in den „Seelenpapieren“ präsent. Solange sie lebte, wurde ihre Seele durch ihren Körper und ihre Kleidung geschützt. Ihr toter Körper wurde durch ein reales Leichentuch geschützt, das im Gedenkbuch seine Analogie in den neutralen weißen Papieren findet. Jedes „Seelenpapier“ kann als ein Persönlichkeitsmerkmal der Verstorbenen verstanden werden, symbolisiert durch die unterschiedlichen Farben der Bogen. Durch die Transformation der ehemaligen äußeren Hülle zu neuem Material wurde der Aspekt der Transzendenz begreifbar gemacht.

Dieses Projekt konnte dank der finanziellen Unterstützung der NRW-Soforthilfe „Neustart Kultur“ realisiert werden.

John Gerard

 
Lesesaal im Museum Ludwig

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