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Eine neue Leitung für das Gymnasium der Stadt

Bild der 48. Woche - 27. November bis 3. Dezember 2006

Bis heute zieren die drei Kronen des Stadtwappens das Logo des Dreikönigsgymnasiums
Johannes Rhetius S. J., Kupferstich, Köln, 1657, Detail (Kartusche): 20 x 15 cm (ganzes Blatt: 35,1 x 24,1 cm). Kölnisches Stadtmuseum – Graphische Sammlung

Johann Reidt (latinisiert: Rhetius/Rethius) (1532–1574), ältester Sohn des gleichnamigen Kölner Bürgermeisters (dessen Vater wiederum der 1513 hingerichtete Bürgermeister war) und der Katharina Kannengießer, besuchte als Student die Kölner Kuckanerburse und wurde von Jakob Leichius ausgebildet. Bereits in den Statuten der Kölner Artistenfakultät von 1398 war verankert worden, daß die relativ jungen Studenten unter der Aufsicht von Magistern der Artes in einer sogenannten Bursengemeinschaft leben sollten, um so Unterstützung im Studium und Lebensunterhalt zu bekommen. Die erwähnte Bursa Cucana war 1450 vom Theologen Johannes von Kuyck am Eigelstein errichtet worden. Sie vertrat die Lehre des Albertus Magnus (andere Bursen neigten mehr dessen Schüler Thomas von Aquin zu). Durch den Kontakt mit Leonard Kessel, dem ersten Rektor der Kölner Jesuiten-Niederlassung, wurde Johann Reidt für das geistliche Leben gewonnen. Ab 1552 wurde er heimliches Mitglied der Societas Jesu, denn nachdem die Stadt die Jesuiten 1544 ausgewiesen hatte, weil Köln ohnehin schon zu viele Klöster habe, war der Orden in Köln lange Jahre nicht zugelassen. Es gab in Köln im ausgehenden Mittelalter nur private und kirchliche Schulen, keine städtischen. Dies machte sich besonders im voruniversitären Unterricht bemerkbar, also bei den Bursen, die allesamt von Theologen betrieben wurden. Darum bewegte die Stadt 1551 den Humanisten Jakob Leichius zur Übernahme der Bursa Cucana/Kuckana, als dieser die Auflösung drohte. In der Maximinenstraße ließ die Stadt ein neues Gebäude errichten und behielt sich das Recht zur Einflussnahme vor – gekennzeichnet durch das städtische Wappen mit den drei Kronen über der Eingangstüre. Der neue Name war daher „Bursa Trium Coronarum“ oder kurz: Tricoronatum. Leichius verband in acht Klassen Gymnasialbildung mit universitärer Grundausbildung. Bis heute hat diese Schule im Dreikönigsgymnasium bestand. 1554 heiratete er jedoch und schloss sich zwei Jahre später den Lutheranern an und war damit für eine Schule im katholischen Köln natürlich nicht mehr tragbar. 1552 unterrichtete auch Johannes Reidt, seit 1550 Magister Artium, am Tricoronatum. Im folgenden Jahr ging er zum Studium der Theologie nach Rom, wo er eine weitere Ausbildung im Sinne des Jesuitenordens erhielt. Als Ignatius in Köln, immerhin eine der bedeutendsten Städte im nordwestlichen Europa, eine Jesuitenschule wünschte, schickte er den mittlerweile zum Priester geweihten Rethius mit Franz Coster und Heinrich Dionysius aus Nijmegen 1556 nach Köln zurück. Sie erhielten keine Erlaubnis, eine eigene Jesuitenschule zu gründen, durften aber auch das (leitungslose) Tricoronatum nicht übernehmen. Man fand eine kölsche Lösung: Dem erst 24-jährigen Kölner Bürgermeistersohn wurde Ende November 1556, also vor 450 Jahren, von Stadt und Universität die Leitung persönlich übertragen, die offizielle Amtsübernahme erfolgte drei Monate später. Zur Erinnerung an dieses Ereignis wurde 1657 ein Kupferstich angefertigt, aus dem das hier gezeigte Rhetius-Porträt stammt. Im umgebenden Text wurden Reidts Leistungen für Orden, Schule und nicht zuletzt Vaterstadt gewürdigt. Daran erinnern die drei Kronen im oberen und das jesuitische IHS-Zeichen im unteren Wappenschild. Rethius fiel mit den Patres Leonard Kessel und Nicolaus Fabri im Oktober 1574 dem Messerattentat des Ordensbruders Gerhard Pesch zum Opfer und wurde in St. Paul beigesetzt. 1582 erfolgte die offizielle Anerkennung als jesuitische Schule, die aber weiterhin in städtischer Oberhoheit verblieb. Der Orden leitete die Schule bis 1778.

R. Wagner