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100 Jahre
Museum für Ostasiatische Kunst

Aufbruch in eine neue Zeit:
Die Gründung des Museums für Ostasiatische Kunst in Köln

Adolf und Frieda Fischer, um 1904

Alle Gedanken konzentrieren sich auf das Eine, unsere Museumsidee. Noch scheint es eine Kühnheit, die ostasiatische Kunst als gleichberechtigt neben die europäische zu stellen, noch gibt es in Europa kein Museum eigens für jene Kunst. Unbetretene Pfade sind es, die wir gehen wollen. (...). Wir haben uns einen Überblick geschaffen über das, was Europa an ostasiatischer Kunst besitzt. Wir kennen die Museen und Privatsammlungen in London, Paris, wir studierten solche in Frankfurt, München, Leipzig, Dresden, Wien und Berlin (…). Nirgends aber hat man versucht, ein einheitliches Bild der gesamten ostasiatischen Kunst zu geben, sie in ihren Entwicklungsphasen darzustellen. Das aber ist unser Bestreben.  Malerei und Plastik, diese Hauptpfeiler der bildenden Kunst, sollen führend sein; die anderen, die sogenannten angewandten Künste, werden sich ihnen anschließen. (…) Wir werden dieser Kunst nicht einen fürstlichen Palast erbauen. Ein ruhiges, vornehmes Schatzhaus soll es werden, das selbst nicht spricht, sondern nur die Kunstwerke zu Wort kommen lässt. Keine Repräsentationssäle oder pompöse Treppenhäuser sieht unser Plan vor, sondern stille Räume, die zu einem Sichversenken in die Kunstwerke einladen. (…) Mit einem fertigen Projekt treten wir an die Stadt Köln heran, an die uns Bande der Freundschaft fesseln und die uns der richtige Ort für unser Werk scheint, Köln, die rührige Metropole des Westens mit Verbindungen nach allen Himmelsrichtungen hin, mit altem Kulturboden, auf dem neben großer Wirtschaftskultur eine reiche Geisteskultur blüht. Kunstliebende Männer waren es, deren Sammeltätigkeit Köln zu einer maßgebenden Museumsstadt machten. Ihrem Vorbild schließen wir uns begeistert an, indem wir dem Westen den Osten hinzufügen.
Fischer, F. (2), 178 f.

Blick auf das Museum für Ostasiatische Kunst an der Adolf-Fischer-Straße (früher Bremer Str.) und Gereonswall

So beschreibt Frieda Fischer in ihrem 1942 veröffentlichten Tagebuch die hoffnungsvollen Erwartungen, die im Jahr 1909 zur Gründung des Museums für Ostasiatische Kunst in Köln führten.

Tatsächlich war der Weg, den das Sammlerehepaar Adolf (1856-1914) und Frieda Fischer (1874-1945) zur Verwirklichung dieses Ziels zurückgelegt hatte, keinesfalls so geradlinig und unkompliziert, wie man aus der Tagebuchnotiz vermuten könnte. Nach Verhandlungen in Berlin und Kiel fanden sie in Köln Bedingungen vor, die es ihnen ermöglichten, ihre Lebensaufgabe, die Gründung eines Museums für Ostasiatische Kunst, in die Tat umzusetzen. Schon 1913 konnte das Haus eröffnet werden. Es war dies das erste eigenständige Museum für die Kunst Ostasiens in Europa. Von anderen, bereits existierenden Museen unterschied es sich, weil es einen umfassenden Überblick über die Vielfalt der Formen und Epochen ostasiatischer Kunst vermitteln wollte.

 

Ein österreichischer Weltreisender und Kunst liebender Privatgelehrter mit unbestimmter Mission: Adolf Fischer entdeckt Japan

Adolf Fischer wurde 1856 als zweiter von drei Söhnen und drei Töchtern einer Großindustriellen-Familie in Wien geboren. Einem unveröffentlichten Lebenslauf Adolf Fischers aus dem Jahr 1901 ist zu entnehmen, dass er nach Absolvierung einer Internatsschule in Zürich gezwungen wurde, in eines der Unternehmen seines Vaters einzutreten. Seine „Kunstseele“ geriet mit dem ihm vorgezeichneten Lebensweg so sehr in Konflikt, dass er endlich trotz aller Opposition eine Realisierung seiner Wünsche erzwang. Er ließ sich bei dem Wiener Hofschauspieler Josef Lewinsky (1835-1907) zum Schauspieler ausbilden. 1887 beteiligte sich Fischer an einer Theatertournée in die USA, doch setzte der Schauspielerberuf seinen Nerven so zu, dass er ihn auf ärztlichen Rat aufgeben musste. Fischer zog sich mehrere Jahre nach Italien zurück, wo er sich dem Studium der italienischen Kunst widmete; außerdem unternahm er zwei Reisen nach Ägypten. Danach lebte Fischer in München und Berlin, um sich auf eine Weltreise vorzubereiten. Diese führte ihn 1892 erstmals nach Japan, dessen Kunst ihn tief beeindruckte und von der er spürte, dass sie die „Achse sei, um die sich mein Leben bewegen würde.“ Fischer, F. (2), 178 f.

Statt nach Wien zurückzukehren, ließ sich Adolf Fischer 1896 als Privatgelehrter in Berlin nieder, wo er die bislang erworbenen Objekte in seiner Wohnung am Nollendorfplatz, dem sog. „Nollendorfeum“, eindrucksvoll zur Schau stellte:

links: Wada Eisaku: Nollendorfeum, Aquarell, 44,2 x 57 cm, 1899, Museum für Ostasiatische Kunst Köln (A 252). rechts: Wada Eisaku (1874-1959): Treppe zum Nollendorfeum, der Wohnung von Adolf und Frieda Fischer am Nollendorfplatz in Berlin, Aquarell, 50,4 x 42,6 cm, 1899, Museum für Ostasiatische Kunst Köln (A 251)

In privater Hinsicht nahm das Leben Fischers Ende 1896 eine entscheidende Wendung: Zur Einweihung seiner Wohnung lud er am 25. Dezember den Goetheforscher Erich Schmidt (1853-1913) mit Familie ein und bat ihn, an die 22-jährige Fabrikantentochter Frieda Bartdorff, die er bei ihm kennen gelernt hatte, ebenfalls eine Einladung auszusprechen. Frieda Bardoff hatte eine Ausbildung als Lehrerin für höhere Töchterschulen absolviert. Sie war beeindruckt vom Nollendorfeum und noch viel mehr von seinem Bewohner, dem 18 Jahre älteren Adolf Fischer. Am nächsten Tag verlobten sich beide, die Hochzeit folgte am 1. März 1897.

Die Hochzeitsreise von Adolf und Frieda Fischer führte im September 1897 über Wien, Ahmedabad, Hong Kong, Japan, Formosa und wieder nach Japan.

links: Hochzeitsfoto von Adolf und Frieda Fischer, 1897. mitte: Frieda Fischer im Nollendorfeum, um 1901.
rechts: Frieda Fischer in einer Rikscha in Tokyo, 1898

Im Mai 1899 kehrten die Fischers um zahlreiche Kunstwerke bereichert nach Berlin zurück, die sie, kaum ausgepackt, nach Wien verschickten. Die VI. Ausstellung der Wiener Secession fand Januar und Februar 1900 statt.

Die Wiener Ausstellung der Sammlung Fischer wurde kein großer Publikumserfolg, aber sie begeisterte die Künstler und Intellektuellen. Erstmals erblickte die Sammlung Fischer das Licht der Öffentlichkeit und bot dem Privatsammler Gelegenheit, Erfahrungen in der Planung und Gestaltung von Ausstellungen zu sammeln.

Adolf und Frieda Fischer in Birma, 1901

Offenbar löste die Secessionsausstellung bei Adolf und Frieda Fischer den Wunsch nach einem gezielten Neuanfang aus. Am 8. April 1901 notiert sie in ihrem chinesischen Tagebuch:

Ein großer Wendepunkt in unserem Leben: Wir haben unsere Sammlungen dem Preussischen Staat abgetreten, der sie dem Völkerkundemuseum in Berlin übereignen wird, und haben unser Nollendorfeum aufgelöst. Wir wollen frei und unabhängig sein und den Weg zu einem Leben finden, das nicht nur unseren Liebhabereien dient, sondern allgemeinen Kulturzielen zustrebt.

Befreit von ihrem Besitz, brachen die Fischers im September desselben Jahres über London zu ihrer nächsten Asienexpedition auf, die sie über Birma nach Japan und China führte. Aus einer Tagebuchnotiz geht hervor, dass Adolf und Frieda Fischer erstmals im Sommer 1902 Pläne zur Gründung eines Museums, „das nicht der Völkerkunde dienen, sondern nur der Kunst Ostasiens geweiht sein soll“, schmiedeten.

Im Schlepptau deutscher Weltmachtpolitik:
Adolf Fischer sammelt für die deutschen Museen ostasiatische Kunst

Nach der späten Reichsgründung 1871 verfolgte Deutschland bei seiner Kolonialpolitik in Ostasien das Ziel, den Vorsprung Großbritanniens und Frankreichs aufzuholen. Waren die Beziehungen nach Abschluss des Vertrags Preußens mit Japan (1861) und des ungleichen Vertrags mit China (1861) primär von wirtschaftlichen Interessen bestimmt, so setzte mit der Absetzung Bismarcks 1890 und der Thronbesteigung Kaiser Wilhelms II. ein gravierender Wandel ein. Der Schwerpunkt der Außenpolitik verschob sich nun von der „Großmachtpolitik in Europa“ zur „Weltmachtpolitik.“

Die deutsche Kolonialpolitik bildete den Rahmen, in dem die wissenschaftliche Beschäftigung mit Sprache, Literatur, Geschichte, Philosophie, Religion, Kunst und Kultur der ostasiatischen Länder einen enormen Aufschwung nahm. Diejenigen, die sich wissenschaftlich mit Ostasien befassten, teilten die Polemik imperialistischer Parolen meist nicht, da sie dem Gegenstand ihrer Forschung mit sachlicher Unvoreingenommenheit und Respekt begegneten. Gleichwohl stellten sie die Ziele und Methoden des Imperialismus nicht grundsätzlich in Frage.

Vor dem Hintergrund deutscher Kolonialinteressen wurde auch der Ruf nach einem „Reichsmuseum für asiatische Kunst“ laut.

Der Vorwurf, die deutsche Kolonialpolitik habe bei der Besetzung Jiaozhous die Interessen deutscher Museen nicht berücksichtigt, zeigte Wirkung. Die Reichsregierung sah sich in der Pflicht, Maßnahmen zur Förderung des  Sachverstands auf dem Gebiet der ostasiatischen Kunst und der Kunstindustrie zu ergreifen. 1904 wurde die Position eines wissenschaftlichen Sachverständigen an der Gesandtschaft in Peking geschaffen. Zuerst war es Adolf Fischer und nach ihm Ernst Grosse, die von 1904-1907 bzw. von 1908-1912 auf diese Stelle berufen wurden. So wie England und Frankreich bedeutende Zeugnisse der Weltkunst, auch und besonders aus den von ihnen kolonisierten Ländern, dem British Museum oder dem Victoria & Albert Museum in London bzw. dem Louvre in Paris zuführten, so sollten vornehmlich die Berliner Museen die Erfolge deutscher Weltmachtpolitik spiegeln.

Urkunde im Grundstein des Museums, Grundsteinlegung 24. Januar 1911

Adolf Fischer nahm die ehrenvolle Berufung unverzüglich an. Zuvor war es ihm jedoch ein wichtiges Anliegen, die Erlaubnis zu erhalten, aus eigenen Mitteln für das inzwischen von ihm geplante Museum für Ostasiatische Kunst in Kiel sammeln zu dürfen. Dieses Recht wurde ihm gewährt. Die einzige Auflage bestand darin, dass die Kisten mit den für Kiel erworbenen Kunstgegenständen zunächst zum Völkerkundemuseum Berlin zu versenden waren. Das Völkerkundemuseum sollte die „Vorhand“ haben, eine Lösung mit der Fischer durchaus einverstanden war, denn für das Völkerkundemuseum lautete sein Auftrag, ethnologische und „religiös-wissenschaftliche Objekte“ sowie „ausgezeichnete Kopien altklassischer Werke“ zu erwerben, nicht aber Kunst.

Die Planungen zum Bau des Museums für ostasiatische Kunst in Kiel waren schon sehr weit fortgeschritten, auch lagerten die während Fischers Ankaufsreisen in Japan, China und Korea für das Museum erworbenen Kunstwerke in Kiel, wo ihm als vorläufiges Domizil für seine Sammlungen ab April 1908 eine Turnhalle zur Verfügung stand. Als sich jedoch abzeichnete, dass die Stadt Kiel nicht in der Lage sein würde, den Bau und die Unterhaltung eines Museums für Ostasiatische Kunst in angemessener Weise zu finanzieren, kündigte Fischer den Vertrag im April 1909.

Mit der Vertragsunterzeichnung zur Gründung des Museums für Ostasiatische Kunst in Köln am 21. Juni 1909 schloss sich für Adolf und Frieda Fischer der Kreis.

Aufbau einer Museumssammlung als Lebensaufgabe und Mission:
Adolf und Frieda Fischer reisen durch China, Korea und Japan

Tagebuch von Adolf Fischer, 1911

Die Reisen von Adolf und Frieda Fischer lassen sich nach den handgeschriebenen Tagebüchern fast lückenlos rekonstruieren. Insgesamt verbrachten sie rund zehn Jahre in den Ländern Ostasiens. Fischer, der wie viele seiner Zeitgenossen auf dem Weg über Japan und den Japonismus die überragende Bedeutung der Kunst Chinas und Koreas erkannte, musste sich das Bild von der Kunstgeschichte Ostasiens selbst zusammensetzen. Dies konnte er nur, indem er reiste, möglichst viel sah, möglichst viel las und sich die Privatsammlungen und Museen zu Nutze machte.

Sobald sich herumgesprochen hatte, dass Fischer vor Ort war, suchten Händler ihn in seinem Hotel auf, um ihre Ware, häufig Kommissionsgut, anzubieten, und Besichtigungstermine mit ihm zu vereinbaren. Vor allem in Japan ließ sich Fischer Skulpturen und Malereien, die bei Händlern sein Interesse geweckt hatten, gerne in sein Hotel bringen. Die Händler klagten und protestierten zwar manchmal, aber meist nahmen sie diese Bürde doch auf sich. War das Objekt einmal in seiner Obhut, begab sich Fischer zu den Nationalmuseen in Kyoto und Nara, um Vergleichsstücke zu suchen. Außerdem bat Fischer den Bildhauer und Restaurator Tanaka Monya, mögliche Ankaufsobjekte mit ihm kritisch unter die Lupe zu nehmen.

Auch zur Untersuchung der Echtheit von Bronzen lernte Fischer interessante Methoden kennen. … Wir kehrten in sein (…) Empfangszimmer zurück, dort zeigte er mir vier Bronzen (…). Mir erschienen mehrere sehr fragwürdig, besonders eine, die wie mit Malachit überzogen aussah (…). Ich roch daran, doch konnte ich keinen Lackgeruch konstatieren. Sumitomo brannte dann diverse Streichhölzer an und hielt sie an die Bronze, so dass wenn eine Lackschicht auf derselben gewesen wäre, diese hätte zerlaufen und schmelzen müssen. Aber nachdem wir den Rauch und Schmutz abgewischt, erglänzte die Patina von Neuem. Auch Ammoniak ließ Sumitomo bringen, wir bekamen aber außer der Schmutzschicht nichts von der grünen Patina ab. Dieser Test lieferte damals, als das Fälscherhandwerk noch nicht so weit fortgeschritten war wie heute, den ziemlich sicheren Beweis, dass es sich um eine echte, gewachsene Patina handelte.

Ein neuer Standard: Josef Frank entwickelt für das erste Museum ostsasiatischer Kunst in Europa eine moderne Ausstellungsarchitektur

Das von dem Architekten Franz Brantzky geplante Museum im Bau, um 1912

Die Stadt Köln beauftragte den Architekten Franz Brantzky (1871-1945), der den Anbau zum Kunstgewerbemuseum für das 1908 fertiggestellte Museum Schnütgen geplant hatte. Da das Museum für Ostasiatische Kunst als Teil dieses Gebäudekomplexes konzipiert wurde, lag es nahe, dass er die Planung ausführte, um einen einheitlichen, nach außen hin geschlossenen neo-klassizistischen Baukörper zu erzielen. Die Grundsteinlegung fand am 24. Januar 1911 statt.

Im zweiten Weltkrieg wurde dieses Kunstzentrum am Hansaring zerstört; abgesehen von einem Fragment der alten Stadtmauer am Gereonswall und dem Namen der “Adolf-Fischer-Straße” erinnert heute nichts mehr daran.

Der Auftrag für die Innengestaltung des Museums für Ostasiatische Kunst in Köln war, soweit bekannt, der erste öffentliche Auftrag, den der 27jährige Josef Frank (1885-1967) übernahm.

Die Grundrisse zeigen einen T-förmigen Gebäudekomplex, der über einen Durchgang vom Kunstgewerbemuseum aus zugänglich war. Insgesamt 32 Ausstellungsräume gruppieren sich auf 3 Stockwerken um eine zentrale Treppenanlage. Die Raumaufteilung im EG zeichnet sich durch einen Wechsel zwischen größeren Raumfluchten und kleineren Kabinetten, sog. “Nischen”, aus, in denen kleinformatige Objekte bzw. mit Tatami-Matten ausgelegte Räume japanischen Stils präsentiert werden. Um das Tageslicht optimal zu nutzen, sind die Vitrinen stets parallel zu den Fenstern raumgreifend aufgestellt. Durch das von der Seite einfallende, mithilfe leichter Gazevorhänge gedämpfte Licht wird die Reflektion der Vitrinengläser auf ein Minimum reduziert. Frank entwickelte verschiedene Typen von Vitrinen, auch pyramidenförmige und solche für Querrollen mit schräg geneigten Gläsern, um eine optimale Sicht ohne störende Reflektion zu erzielen.

links: Treppenanlage. mitte: Präsentation buddhistischer Skulpturen; durch das von der Seite einfallende Licht wird die Reflektion der Vitrinengläser reduziert. rechts: Vitrine mit chinesischer Querrolle und Aufsatz mit keramischen Figuren

Noch aus einem weiteren Grund war das konsequent durchgehaltene Prinzip der raumgreifenden Präsentation ein Novum:
Es forderte den Besucher heraus, selbst aktiv zu werden und sich um das Objekt herum zu bewegen, statt an monoton und erratisch längs der Wände aufgestellten Vitrinen entlang geführt zu werden. Die von Josef Frank entwickelte Raumkonzeption war im wahrsten Sinne museal, denn sie ermöglichte dem Besucher eine räumliche Wahrnehmung dreidimensionaler Objekte. Außerdem sorgte sie für eine abwechslungsreiche Durchlässigkeit der Räume, die dem Auge immer wieder neue Blickpunkte bot. Auch die Spezialvorrichtung zur Präsentation japanischer Farbholzdrucke folgte dem Ideal des aktiven, mündigen, selbst bestimmten Besuchers. Die Drucke waren chronologisch in schlanken Rahmen hinter Glas gerahmt und konnten über eine Schiene im Boden um die eigene Achse bewegt werden. Dies erlaubte dem Besucher eine thematisch und chronologisch geordnete Betrachtung aus nächster Nähe.

Die Museumsgeschichte von 1944 bis heute

Das Gebäude des ersten deutschen Museums für Ostasiatische Kunst fiel einem der letzten Luftangriffe des Zweiten Weltkriegs auf Köln zum Opfer. Die weitestgehend ausgelagerten Sammlungen blieben bis auf die rund 900 Objekte umfassende Inrô- und Netsuke-Sammlung unbeschädigt.

Erst 1951 hatte das Museum mit Werner Speiser (1908-1965) wieder einen fachlich qualifizierten Direktor. Trotz aller Mängel und Widrigkeiten der Nachkriegszeit gelang es ihm, Ausstellungen ostasiatischer Kunst zu organisieren und dafür zu sorgen, dass die Bedeutung der Kölner Sammlung nicht in Vergessenheit geriet. Sein Nachfolger, Roger Goepper (geb. 1925), kümmerte sich ab 1966 um die Planung des Museumsneubaus. 33 Jahre nach der Zerstörung des ursprünglichen Museumsbaus am Hansaring konnte am Aachener Weiher der Neubau des Museums für Ostasiatische Kunst eingeweiht werden. Seither macht sich das Haus durch bedeutende Sonderausstellungen international einen Namen.

links: Museum für Ostasiatische Kunst Köln, Japanischer Innenhofgarten (Gestaltung: Masayuki Nagare). © Foto: Rheinisches Bildarchiv Köln (Marion Mennicken) . mitte: Museum für Ostasiatische Kunst Köln, Außenaufnahme vom Aachener Weiher aus. © Foto: Rainer Gärtner, Köln. rechts: Raumaufnahme Chinesisches Gelehrtenzimmer. © Foto: Lothar Schnepf, Köln

Das 1977 nach den Plänen des japanischen Architekten Kunio Maekawa (1905-1986) errichtete neue Museum zählt zu den bedeutendsten Baudenkmälern der Nachkriegszeit in Köln. Maekawa, ein Schüler von LeCorbusier, gilt in Japan als einer der Begründer der Moderne. Auch in dem Kölner Bau verknüpft er traditionelle japanische Baukunst mit moderner Formensprache. Die flachen rechteckigen Blöcke und Quader des Museumsgebäudes gruppieren sich um den von Masayuki Nagare gestalteten japanischen Landschaftsgarten. Nagare, der im Westen vor allem als Bildhauer bekannt ist und durch seine Arbeiten in den USA zu internationalem Ruhm gelangte, schuf für das Kölner Museum auch die Skulptur mit dem Titel „Fahne im Wind“. Sie wurde auf einer eigens dafür geschaffenen Insel im Bassin des Aachener Weihers unmittelbar vor der Cafeteria des Museums installiert.

Epilog

Adolf Fischer neben einer chinesischen Grabwächterfigur des 8. Jahrhunderts
(F 10,48), 1913

“Klar, offen und streng”, oder “klar, offen und substanziell”, mit diesem Motto ließe sich auch das Leben von Adolf und Frieda Fischer umschreiben. Sie machten den Aufbau der Sammlung und die Errichtung des Museums zu ihrer Lebensaufgabe, der sie sich beide ganz verschrieben. Dafür gebührt den Museumsgründern Dank.

Das Museum überdauerte zwei Weltkriege und konnte nach der Kriegszerstörung im Jahr 1944 mit dem von Kunio Maekawa geplanten Museumsneubau 1977 einen Neuanfang beginnen. Durch die auf Frieda Fischer (1874-1945) folgenden Direktoren Werner Speiser (1908-1965) und Roger Goepper (geb. 1925), die ihr Amt 1951 bzw. 1966 antraten, wurden die Sammlungen gerade auf den Gebieten, die bisher unterrepräsentiert waren, ausgebaut und entscheidend bereichert. In diesem Zusammenhang verdienen die Stiftung archaischer chinesischer Sakralbronzen und chinesischer Möbel der späten Ming-Zeit durch Hans-Jürgen von Lochow, die japanische Malerei aus dem Nachlass Kurt Brasch und schließlich der Ankauf der Sammlung chinesischer Frühkeramik und Bronzen von Hans Wilhelm Siegel besondere Hervorhebung. In jüngerer Zeit kamen der Ankauf chinesischer und japanischer Schreibkunst der Sammlung Heinz Götze und die Dauerleihgaben der Sammlung Peter und Irene Ludwig hinzu.

Die intellektuelle Offenheit, die Großzügigkeit, der Mut und die Begeisterungsfähigkeit von Adolf und Frieda Fischer, aber auch ihre Disziplin, ihr Durchstehvermögen und ihr Ehrgeiz sind das geistige Fundament, auf dem das Museum für Ostasiatische Kunst aufbaut. Möge das Kölner Museum zukünftigen Generationen als Botschafter und Vermittler dienen und in ihnen das Verständnis und die Begeisterung für die eine Kunst der Welt wecken.