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Das Herz der Erleuchtung
Buddhistische Kunst in China 550-600
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Das Herz der Erleuchtung
Buddhistische Kunst in China 550-600

Die zweite Hälfte des 6. Jahrhunderts war eine Zeit, in der China in Nördliche und Südliche Dynastien gespalten war. Während im heutigen Mittel- und Südchina die Chen-Dynastie (557 – 589) herrschte, war Nord-China zweigeteilt zwischen der Nördlichen Zhou (557 – 581) und der Nördlichen Qi-Dynastie (550-577).

Innerhalb weniger Jahre erlebte damals der Buddhismus eine Blüte von bisher nie gekanntem Ausmaß. Zentralasiatische und indische Mönche kamen an den Kaiserhof der Nördlichen Qi in Yecheng, Provinz Hebei. Neue Texte wurden übersetzt und die in Indien übliche Art der mönchischen Gewandung setzte sich in China durch (links).
Diese Neuerungen beeinflussten den Stil und die Ikonographie der Skulpturen. Körperlichkeit wurde deutlicher dargestellt (rechts) und neue Motive, wie sechs-köpfige Buddhaversammlungen oder in zentralasiatische Tracht gekleidete Geistkönige wurden auf Stelen und Tempelwände gemeißelt.


links: Sitzender Buddha. Marmor mit weiß-gelblicher Patina, Reste von Bemalung, China, Nördliche Qi- 550 - 577 bis Sui-Dynastie 581 - 618 Museum für Ostasiatische Kunst Köln, Inv. Nr. 69,1 © Rheinisches Bildarchiv Köln (RBA). rechts: Stehender Bodhisattva Guanyin. Marmor mit cremefarbiger Patina und Resten von Bemalung, H 96 cm China, Provinz Hebei Nördliche Qi-Dynastie 550 – 577 Museum für Ostasiatische Kunst Köln, Inv. Nr. Bc 13,1, 1913 vom Museumsgründer Adolf Fischer bei Paul Mallon, Paris erworben.
© Rheinisches Bildarchiv Köln (RBA)

links: Inschrift am Berg Ge (Geshan) China, datiert 580, Nördliche Zhou-Dynastie 557 - 581. Lesbare Zeichen: „Wahre Attribute… [so] betrachte ich den Buddha“ (Shixiang Guanfo) aus dem Vimalakīrti-nirdeśa-sūtra © Lukas Ledderose. rechts: Hu Xinli, Direktor des Museums Zoucheng, Prof. L. Ledderose Universität Heidel-berg und Prof. Luo Zhao Akademie der Sozialwissenschaften Beijing vor einer der Inschriften am Berg Gang (Gangshan). Inschrift um 580 China, Zoucheng, Provinz Shandong © Lukas Ledderose

In den Jahren 574 – 578 fand eine Buddhisten­verfolgung unter Kaiser Wu (r. 561 – 578) der Nördlichen Zhou - Dynastie statt, die zweite in China nach der ersten großen Verfolgung unter der Nördlichen Wei - Dynastie (386 – 534) im Jahre 446. Tempel wurden aufgelöst, Statuen zerstört und Sutren verbrannt. Der Klerus musste in den Laienstand zurückkehren, viele Mönche wurden zum Militärdienst eingezogen. Diese Verfolgung, aber auch soziale Wirren und Kriege brachten die gläubigen Buddhisten zu der Überzeugung, in einer Phase der Endzeit der Buddhistischen Lehre zu leben.

In der Provinz Shandong auf den 6 Bergen um die Stadt Zoucheng meißelten sie daher buddhistische Texte in monumentalen Zeichen in den Fels. Das Ziel war es, die heiligen Schriften des Buddhismus zu bewahren und für sich und die Vorfahren religiöse Verdienste zur Erlangung einer besseren Wiedergeburt anzuhäufen.

Auf Schautafeln gleichen Felswänden oder auf einzelnen, einen Pilgerweg bergan führenden Felsen wurden Ausschnitte philosophischer Texte eingemeißelt, die über das Wesen und die Existenz aller Dinge reflektieren, oder den Weg zur Erleuchtung beschreiben.

Die Ausstellung führt die Kultur des Buddhismus an Hand von zwei großen Werkgruppen vor Augen: Steinskulpturen und monumentalen Abreibungen der in Stein gemeißelten heiligen Schriften. Die Skulpturen sind Leihgaben der Sammlung Eduard von der Heydt des Museums Rietberg Zürich und privater Leihgeber, entstammen aber auch dem vom Museumsgründer Adolf Fischer angelegten Bestand des Kölner Museums. Es ist weltweit das erste Mal, dass die monumentalen Abreibungen aus der Provinz Shandong zusammen mit Steinskulpturen in einer Ausstellung präsentiert werden. Die expressiven Skulpturen (links) und die geradlinigen, mitunter etwas ungeschlacht wirkenden chinesischen Zeichen der Steinabreibungen (rechts) reflektieren in beeindruckender Weise die spirituelle Kraft und die aufrichtige religiöse Überzeugung der Buddhisten des 6. Jahrhunderts.


links: Kopf eines Buddha. Kalkstein, H. 62 cm, China, Nördliche Qi-Dynastie 550-577, Museum Rietberg Zürich, RCH 136 Foto: R. Wolfsberger. rechts: Steinabreibung. Tusche auf Papier, 181x177,8 cm, China, Berg Gang, Zoucheng, Shandong, © Rheinisches Bildarchiv Köln (RBA)