Chronik 
Zum Verhältnis der Bündischen und Konfessionellen Jugend zur Wehrmacht

Vertreter der Bündischen Jugend in der Emigration beschreiben Anfang 1938 in den "Sonderinformationen deutscher Jugend" das Verhältnis von Bündischer und Konfessioneller Jugend zur Wehrmacht: "Bis zum Beginn des Hitlerregimes gab es für die deutsche Jugend kein Problem bezüglich des Heeresdienstes." Da seit 1918 die allgemeine Wehrpflicht abgeschafft sei, war der Wehrdienst eine freiwillige Sache. Nach 1933 seien die Jugendlichen in die staatlichen Jugendorganisationen Hitlerjugend und Jungvolk und zum Arbeitsdienst gezwungen worden. "In all diesen Organisationen nahm und nimmt die militärische Erziehung die erste Stelle ein."

1935 sei die allgemeine Wehrdienstpflicht zuerst auf ein, dann auf zwei Jahre eingeführt worden. "So ist der junge deutsche Mensch denn heute von seiner frühesten Jugend ab in den militärischen Drill eingezwängt." Zu Beginn der Wehrpflicht 1935 ist nach Ansicht der Bündischen Jugend "die Jugend noch allgemein einverstanden mit dieser Einführung, ja selbst teilweise begeistert für die Armee. Vor allem auch die konfessionelle Jugend war weitaus für die allgemeine Dienstpflicht."

Die Begeisterung lässt aber schnell nach. Der Drill in der Armee sei sehr hart und es werden "außergewöhnliche Anforderungen" gestellt. Häufig passieren bei den Übungen Unglücke. "Es wurde ganz bewußt von Seiten der Heeresleitung die Parole ausgegeben, daß Menschenleben keine Rolle spielten und der junge Soldat sich ans Sterben gewöhnen müsse!"

Diese Vorfälle und die Verlängerung der Dienstzeit verstärkt die Missstimmung unter den Soldaten. Es kommt zu Protesten. "Dienst- und Essensverweigerung, Unordnung und selbst Demolierung der Stuben gegen die Verlängerung der Dienstzeit. Man schrieb offen: "Wir wollen nach Hause"."

Mit Beginn des Spanischen Bürgerkrieges 1936 verschärft sich die Ablehnung. Anfängliche Sympathien für den Faschisten Franco seien nach Einschätzung der Bündischen Jugend schnell in die Meinung umgeschlagen, man wolle sein Leben nicht für fremde Mächte opfern. Für Deutschland seien die Soldaten bereit zu kämpfen, nicht aber für Hitler. Der Bericht stellt einen "starken Willen der jungen Soldaten zum Frieden" fest. "Nach der allgemeinen Stimmung im Heere zu urteilen, ist man weitaus der Ansicht, daß das nationalsozialistische Regime es vorläufig nicht wagen kann, angesichts dieser Stimmung einen Krieg zu führen".

Da das NS-Regime darüber sehr gut Bescheid wisse, gehe es gegen die Konfessionelle und Bündische Jugend mit dem Vorwurf des "Landesverrats" vor. "Man versucht darum auch die Führer der bündischen, katholischen und protestantischen Jugend in jeder Weise zu diffamieren und so den Zusammenhalt in der Jugend vollständig zu zerschlagen."

Die deutsche Jugendbewegung kämpfe "für die Erhaltung ihrer Ideale, für ihre Freiheit und für den Frieden." Somit legt die Bündische Jugend ihre Hoffnungen in eine oppositionelle Jugend, die im Kriegsfall nicht hinter Hitler stehen wird.



 
Lexikon
Hitlerjugend (HJ)
Bündische Jugend
Reichsarbeitsdienst (RAD)
Spanischer Bürgerkrieg
Wehrmacht
Wehrpflicht