Pracht des Orients Textilien
Die Sammlung Oppenheim umfasst etwa 300 Kostümteile und Gebrauchstextilien aus dem Vorderen Orient. Sie stellen den Rest eines Bestandes dar, der vor dem Zweiten Weltkrieg mindestens doppelt so umfangreich gewesen sein muss.
Oppenheim hatte sein Haus in Kairo ganz nach dem Geschmack und den Gepflogenheiten reicher osmanischer Familien ausgestattet. Textilien spielten dabei als Türeinfassungen, Vorhänge, Kissenbezüge, Decken, Teppiche, Überwürfe, ja selbst als Draperienum Bilder eine wichtige Rolle. Regelmäßig fanden Diners und Bälle statt. In die arabischen Kostüme seiner Sammlung gewandet, amüsierten sich Oppenheims europäische Gäste oft beim Tanz. Gab er ein arabisches Essen, kamen auch die mit Seiden- und Goldfäden bestickten Handtücher zum Einsatz, nachdem Diener mit traditionellen Gerätschaften- Schüsseln und Wasserkannen - beim Waschen der Hände behilflich gewesen waren.
Oppenheims Fundus war voll von exotischen und prunkvollen Gewändern, deren kostbare Materialien und üppige Verzierungen augenfällig die Pracht des Orients verkörpern und Bilder aus Harems- und Palastwelten heraufbeschwören. Eher unter ethnographischen Gesichtspunkten dürften dagegen Kleidungsstücke der Beduinen oder verschiedene Uniformen gesammelt worden sein.
Die für den osmanischen Bereich so typischen mantelartigen Kaftane sind auf Grund ihrer leuchtenden Farben und reichen Ornamentierung ein Fest für die Augen und eine Fundgrube textiler Mustertechniken. So wurden dichtgewebte, glänzende Seidenatlasstoffe- verziert mit Goldstickerei oder -appliqué - verarbeitet, Seidendamaste mit farbigen Musterschüssen und Goldbrokate sowie Stoffe, deren Grundgewebe aus Metallfädenmit einer broschierten, vielfarbigen Musterung versehen sind. Seitliche Schlitze im Kaftan gewährleisteten, dass die weiten Pluderhosen, die man zusammen mit einerlangärmeligen Bluse unter diesen trug, genügend Platz hatten und man bequem schreiten konnte. Die Hosen sahen wie gebauschte Röcke aus, und ihr Volumen unterstrich vor allem in der Taille das damalige orientalische Schönheitsideal, das Üppigkeit bevorzugte. Schwere Brokate oder bestickte Seiden erforderten eine weitere Hose aus feinem Material, damit sowohl die Trägerin als auch die Kleidung geschützt wurde. Auch die im Winter von Frauen über dem Kaftan getragenen kurzen, engen Jacken oder Westenwaren mit wunderschönen Stickereien verziert. Jedem Detail galt liebevolle Aufmerksamkeit.
Vielleicht lässt sich Max von Oppenheims besondere Liebe
zu Textilien mit einigen ihrer verschiedenen Funktionen erklären: zu
repräsentieren, verschiedene Identitäten zu geben und Inszenierungen
zu ermöglichen. All dies sprach bestimmte Seiten seines Charakters an.
Brigitte Khan Majlis