Kleinmöbel und islamische Wohnkultur
Die Wohnteile im traditionellen islamischen Haus wurden flexibel
und vielfältig genutzt. Dagegen differenzierten sich in der europäischen
Wohnkultur seit dem 17. Jahrhundert Funktionen wie Empfangen, Essen und Schlafen
zu selbständigen Bereichen, deren Mobiliar entsprechend eindeutig und
unveränderbar festgelegt war. Im islamischen Haus verwendete man dagegen
im allgemeinen nur eine leichte und mobile Einrichtung, die letztlich aus
der Tradition des Zelts herrührte. Aus dieser nomadischen Tradition stammt
auch die Vorliebe für Knüpfteppiche und Flachgewebe (Kelims), denn
das gewohnte Lagern auf dem Boden erforderte Teppiche und Kissen. Tische bestehen
aus niedrigen zusammenklappbaren Fußgestellen und gesonderten Kupferplatten.
Statt Schränken verwendete man Wandnischen mit Fächern. Lange flache
Polsterbänke liefen an den Wänden entlang und dienten zum Schlafen,
Liegen und Sitzen. Die Übernahme der Wörter Sofa (arab.-türk.:
Ruhebank) und Diwan, das aus dem Persischen stammt und zunächst "Amtszimmer",
"bequemer Sitz des Beamten" bedeutet, belegt den Vorbildcharakter
bequemer Sitzmöbel für Europa. Da Stühle und davon abgeleitete
Sitzmöbelunbekannt waren, brauchte man nur wenige Möbel. Im privaten
Bereich waren es Kästen und Truhen sowie Tischchen.
Islamische Holzarbeiten verwenden Furniere und Einlegearbeiten häufiger
als geschnitztes Relief. Holzkörper aus Nussbaum oder anderen Fruchthölzern
wurden in aufwendiger Kleinarbeit mit Elfenbein, Knochen, Perlmutt und verschiedenfarbigen
Hölzern intarsiert. Andere wurden bemalt und lackiert.
Ulrich Wiesner