Europäisches Porzellan und Glas
Seit dem 18. Jahrhundert verdrängten europäische Porzellane
vor allem aus Meißen und Wien langsam die chinesischen Porzellane vom
osmanischen Markt. Ein Grund hierfür ist der sich wandelnde Lebensstil,
der sich in bestimmten Formen zunehmend an Europaorientierte. Ein unübersehbares
Zeichen hierfür stellte der Umzug des osmanischen Sultans aus dem alten,
verfallenen Topkapi-Palast in den modernen, glanzvollen Dolmabahçe-Palast,
der 1842 bis 1853 errichtet wurde, dar. Die gleiche Wandlung lässt sich
auch bei Glas beobachten. Im 16. und 17. Jahrhundert wurde in der osmanischen
Türkei nur wenig gutes Glas hergestellt. Die Osmanen waren auf Importe
aus den Glaswerkstätten Venedigs, später aus Böhmen und Tirol,
angewiesen. Der böhmische Handel mit der Türkei wuchs rasch, und
um 1750 gab es bereits ständige Warenhäuser nordböhmischer
Glaskaufleute in Istanbul, Beirut und Izmir.
Die böhmische Glaskaraffe mit Silberbeschlag wurde im 2. Drittel des
19. Jahrhundertshergestellt. Vorne trägt sie ein Medaillon, umrahmt von
einer Kugelschliffbordüre, das den verschlungenen Namenszug des Sultans
Abdulmadschid (reg. 1839-1861) trägt, dem Erbauer des Dolmabahçe.
Ulrich Wiesner