Kölner Domblatt 2014 - page 59

177
zur unterzeichnung des altars der stadtpatrone
Personen: zunächst die bekannte, mit Stefan Lochner in Verbindung zu bringen-
de Hand, die ausschließlich auf der Ursulatafel und nur teilweise auf der Mittel-
tafel zu entdecken ist. In weiten Bereichen der Mitteltafel wird eine weitere,
zweite Hand in der grafischen Bildplanung fassbar, die in den übrigen Unter-
zeichnungen nicht erkennbar ist. Ebenso individuell erscheint die grafische Bild-
planung auf der Gereonstafel, wobei hier mindestens ein dritter Zeichner greif-
bar zu sein scheint. Mit den stilistisch eng verwandten Unterzeichnungen der
Verkündigungsszene auf der Außenseite, die sich wiederum von allen übrigen Ta-
feln bzw. Tafelansichten unterscheiden, wird schließlich ein vierter Zeichner of-
fenkundig.
64
Interessanterweise scheint der vermutliche Mitarbeiter der Unterzeichnung
auf der Mitteltafel des Altars der Stadtpatrone in einem weiteren Werk Stefan
Lochners, nämlich der Tafel ›Christus am Kreuz mit Heiligen‹ im Germanischen
Nationalmuseum in Nürnberg, aufzutauchen. Darauf deuten frappierende Ähn-
lichkeiten stilistischer und materieller Art in den Unterzeichnungen der beiden
Werke hin.
65
Erstmals würde sich damit ein Bild der Werkstatt Lochners zu formieren be-
ginnen, die hinsichtlich der jüngsten Erkenntnisse überdurchschnittlich groß ge-
wesen zu sein scheint.
66
Umso mehr bleibt im Fall des Altars der Stadtpatrone
ebenso faszinierend wie offen, wie es in Anbetracht der verschiedenen beteiligten
Hände in der Unterzeichnung und vermutlich auch in allen Phasen der Malerei
gelang, ein in vielen Charakteristika übereinstimmendes Erscheinungsbild des
vollendeten Werks zu erreichen.
Neu zu überdenken ist ggf. der geltende Zeitpunkt der Vollendung des Werks
um 1442, da sich dieser im Wesentlichen auf den dargestellten Hirschkäfer auf
der rechten Flügelinnenseite und seiner vermuteten Verbindung mit der Familie
Hirtze bzw. der Ratswahl von Eberhard vom Hirtze im Jahr 1442 stützt.
67
Zwei-
felhaft erscheint dieser Zusammenhang angesichts auffallender Parallelen in den
Unterzeichnung der Nürnberger Tafel, wohin-
gegen den aktuellen Untersuchungen in Nürn-
berg zufolge vorläufig nur Stefan Lochner für
die Ausführung der Unterzeichnung in Be-
tracht gezogen wird (freundliche schriftliche
Mitteilung von Katja von Baum am 11. Juli
2014).
66
Zu dieser keinesfalls überraschenden Be-
obachtung vgl. Die Sprache des Materials [
2
],
S. 188, 192, 197−199, sowie in Bezug auf Rege-
lungen zu Art und Anzahl von Mitarbeitern in
den damaligen Werkstätten der Kölner Maler:
Iris Schaefer: Zunftordnung und Werkstattpra-
xis Kölner Maler des Spätmittelalters, in: Genie
ohne Namen, hg. von Rainer Budde, Roland
Krischel, Ausstellungskatalog, Köln 2001,
S. 117−137.
67
Siehe dazu zuletzt Chapuis 2004 [
11
], S. 59.
1...,49,50,51,52,53,54,55,56,57,58 60,61,62,63
Powered by FlippingBook