Kölner Domblatt 2014 - page 58

über den Auftraggebern, könnten Lochner veranlasst haben, zwei weitere Mitar-
beiter mit der jeweiligen Vollendung der Unterzeichnung auf der Mitteltafel und
auf der Gereonstafel zu beauftragen.
Durchaus vereinbar ist diese These auch unter der Maßgabe, dass zum Zeit-
punkt einer vermutlichen Begutachtung der Unterzeichnung bereits etliche Par-
tien farbige Anlagen aufwiesen. Denn schließlich könnte auch dieses Vorgehen
auf einen gewissen Termindruck aufmerksam machen, dem viele Malerwerk-
stätten der damaligen Zeit durch vertraglich vereinbarte Lieferfristen unterlagen.
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Schlussbetrachtungen zu Unterzeichnung und Malerei
Die vielfachen Abweichungen der Malerei gegenüber den erkennbaren grafischen
Vorgaben, die unabhängig davon oftmals so knapp und skizzenhaft sind, werfen
schließlich auch die Frage auf, worauf sich die farbige Ausführung im Detail tat-
sächlich stützte. Nur in wenigen Bereichen werden zeichnerische Präzisierungen
kenntlich, die vergleichsweise genau die anschließenden Farbaufträge der Male-
rei gelenkt haben könnten. Offen bleibt somit, inwieweit diese nur einen Teil von
weiteren zeichnerischen Vorgaben darstellen, die ggf. im Infrarot nicht erkenn-
bar sind. Grundsätzlich ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass Unterzeichnun-
gen nur eine Orientierungshilfe darstellten und die weitere Entwicklung und Aus-
arbeitung im Malprozess selbst stattfinden konnte.
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Im Fall des Altars der Stadtpatrone erscheinen die aufgezeigten Abweichun-
gen oder rudimentären zeichnerischen Angaben zu zahlreich, um eine weiter-
führende Entwicklung oder Präzisierung im Zuge erster farbiger Anlagen nur
dem Meister selbst zuzuschreiben, wie dies bereits vermutet wurde.
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Vielmehr
machen die jüngst sichtbar gemachten Unterzeichnungen eine beträchtliche An-
zahl von Mitarbeitern kenntlich, die aufgrund ihrer zeichnerischen Fertigkeiten
auch entsprechende malerische Fähigkeiten besessen haben dürften. Auf Grund-
lage der analysierten Unterzeichnungen zählen dazu insgesamt mindestens vier
176
iris schaefer
·
caroline von saint-george
61
Huth [
49
], S. 28−29.
62
Vgl. Art in the making [
49
], S. 24.
63
Chapuis 2004 [
11
], S. 164−165.
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Chapuis erkannte bereits die Hand Loch-
ners auf der Mitteltafel und der linken Flügel-
innenseite. Die Unterzeichnungen der Außen-
seiten schreibt er hingegen einer anderen
Person zu, die seiner Ansicht nach auch einige
Figuren auf der rechten Flügelinnenseite
gezeichnet haben könnte. Vgl. Chapuis 2004
[
11
], S. 130.
65
Eine den breitlinigen Unterzeichnungen
auf der Mitteltafel des Altars der Stadtpatrone
sehr ähnliche Unterzeichnung auf der Nürn-
berger Tafel beschreibt mit Abbildung: Faries
[
6
], S. 172, S. 174, Abb. 9. − Chapuis 2004 [
11
],
S. 169−171, vermutet zwei ausführende Hände
(›master and assistent‹) in der Ausführung der
1...,48,49,50,51,52,53,54,55,56,57 59,60,61,62,63
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